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Die Frage nach dem Warum

Neulich hat mich ein alter Freund angerufen. Er ist Hornist in einem großen Opernorchester. Im Laufe unseres Gespräches kamen wir darauf, dass es doch erstaunlich viele Berufsmusiker gibt, die keine oder sehr wenig Freude am Musikerleben haben. Als Beispiel nannte er mir einen Kollegen der ihm gegenüber äußerte, dass er nur Musiker sei, weil er keinen anderen Beruf gefunden habe, bei dem er so viel Freizeit habe und gleichzeitig so gut verdiene. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine solche Aussage tatsächlich den Tatsachen entspricht. Wird man Berufsmusiker, muss man schon in Kindheit und Jugend enorm viel Zeit investieren, um sein Instrument so gut zu spielen, dass es für eine berufliche Zukunft reicht. Eine gewisse Liebe zur Musik und zum Instrument ist dafür unabdingbar. Was ist also die eigentliche Ursache für eine derart emotionslose Haltung? 

Beherrscht man ein Instrument überdurchschnittlich gut, bekommt man sehr schnell Anerkennung. Viele Musiker definieren sich daher mit der persönlichen Leistung auf dem Instrument. Sie ziehen ihren Selbstwert aus der Tatsache, dass sie gut spielen und bewundert werden. Ist man dann im Orchester einer unter Vielen und steht man nicht mehr im Mittelpunkt, kann das sehr schnell zu Frustration führen. 

Vermutlich haben frustrierte Musiker sich nie wirklich mit der Frage beschäftigt, warum man eigentlich im Orchester spielt und warum man diesen Beruf ergriffen hat. 

Die Antwort scheint zwar klar auf der Hand zu liegen, sie gezielt zu formulieren, ist aber gar nicht so einfach - zumal sie für verschiedene Menschen unterschiedlich sein kann. Vor kurzem wurde mir ein Buch empfohlen, das sich mit dem Finden dieses Warums beschäftigt. In „Frag immer erst warum“ beschreibt der englische Autor Simon Sinek, wie wichtig es ist, dieses Warum zu finden und welche Wege es gibt, dieses zu finden. Es ist wirklich lohnenswert, sich damit auseinanderzusetzen. Wenn man sich des Warums klar ist, wird sich die Haltung zum eigenen Beruf oder sogar zum eigenen Leben ändern. Geld kann übrigens kein Warum sein. Geld kann zwar Freude bereiten, die für das eigene Leben so wichtige Erfüllung wird man damit aber nicht finden. Übrigens empfehle ich jedem Musikverein und generell jedem Leser dieser Zeitschrift, sich auf die Suche nach dem eigenen Warum zu begeben. Erst wenn man das Warum kennt, kann man sich mit dem Wie beschäftigen, dieses zu erfüllen. Kleinere Rückschläge, wie ein nicht so gut gelungenes Konzert verlieren automatisch an Wichtigkeit, wenn man in der Lage ist, ein großes Ganzes zu betrachten. 

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