Eigentlich bin ich gerade auf der Karriereleiter ein ganzes Stück höher gerutscht. Die Buchbacher Blasmusik (Lkr. Mühldorf) hat mich zu ihrem Dirigenten berufen. Ich werde mir dieses Amt mit Franz-Georg Wastl teilen, dem bisherigen und zukünftigen Leiter. Meine Tätigkeit ist zunächst auf ein Jahr begrenzt und ich freue mich sehr auf diese Aufgabe.
Dirigieren habe ich ja nicht wirklich gelernt, allerdings habe ich so viele Dirigenten erlebt, dass ich zuversichtlich bin, dieser Herausforderung gewachsen zu sein. Besonders reizt mich, das eine oder andere auszuprobieren, was ich mir aufgrund meiner persönlichen Erfahrung überlegt habe. Natürlich weiß ich nicht, ob alles fruchten wird oder ob jede Idee umsetzbar ist, einen Versuch ist es aber in jedem Fall wert. Der Buchbacher Blasmusik danke ich schon im Voraus für die Bereitschaft, diesen Weg mitzugehen. Sie, liebe Leser, brauchen mich jetzt nicht für naiv zu halten, ich bin in einer Blasmusik groß geworden und weiß, dass nicht immer alles einfach sein wird und dass auch gelegentlich mit Widerstand zu rechnen ist. Sie können mir aber glauben, dass es in einem Orchester noch viel schwieriger ist, neue Ideen umzusetzen. Trotzdem ist mir das eine oder andere gelungen, zum Beispiel die Kooperation mit dem MON. Auch damals meinte eine (Streicher-)Kollegin, dass wir Philharmoniker vorsichtig sein sollten, nicht auf eine Ebene mit der „Umtata“-Musik gestellt zu werden und dadurch unseren Status als Top-Orchester zu verlieren. Nichts von alledem hat sich bestätigt. Ganz im Gegenteil ist eine höchst produktive Kooperation entstanden und selbst unser Status als Orchester von Welt hat sich eher verbessert: Die Blasmusik der Philharmoniker, die ja auch „Umtata“-Musik spielt, wird weltweit mehr und mehr mit großem Interesse wahrgenommen.
Wie diese Kollegin gibt es eine ganze Reihe Musiker in meinem Orchester, die ziemlich ängstlich reagieren, wenn es darum geht, etwas Neues auszuprobieren. Solange das Bewährte funktioniert, sehen sie keine Veranlassung zu handeln. Wenn das Bewährte dann nicht mehr funktioniert, sind sie aber die ersten, die nach Neuerungen rufen, die sie vorher für nicht notwendig erachtet oder sogar verhindert haben. Vermutlich kommt eine derartige Haltung vielen Lesern bekannt vor, sei es aus dem eigenen Umfeld oder der Politik. Überall gibt es diejenigen, die erst mal prinzipiell gegen alles sind und jede Idee im Keim ersticken. Ich stelle aber fest, dass in Blaskapellen schon allein deswegen oft mutiger gehandelt wird, weil dort alle Gesellschaftsgruppen vertreten sind, unter ihnen auch Unternehmer oder Landwirte. Sie wissen, dass man sich ohne Mut nur schwer auf dem Markt behaupten kann. Vielen Musikern fehlt aufgrund ihrer sehr einseitigen Ausbildung jegliches Wissen von Unternehmertum. Hinzu kommt, dass sie glauben, als Künstler einen besonderen, unantastbaren Status zu haben. Sie vergessen dabei, dass auch das Publikum nicht von allein zu uns kommt, sondern immer wieder neu motiviert werden muss. Natürlich spielt dafür zu einem erheblichen Teil die Qualität der Konzerte eine Rolle. Ebenso wichtig ist es aber auch, auf welche Weise man auf die Menschen zugeht – und dafür braucht es neue Wege.
Ich möchte aber nicht schwarzmalen. Unter den Orchestermusikern und vor allem auch in der Direktion, die ja letztendlich die Entscheidungen trifft, gibt es bei uns Philharmonikern progressive Denker, deren Ideen trotz der Bedenkenträger umgesetzt werden. Es lohnt sich also in jedem Fall, unsere Angebote zu besuchen. Mit dieser Kolumne will ich einfach nur motivieren, mutig und offen mit neuen Ideen umzugehen.
Kommentar schreiben