In Deutschland sind, mit Ausnahme einiger freien Ensembles, fast alle Orchestermusiker im öffentlichen Dienst beschäftigt. Träger sind
Bundesländer, Kommunen oder die Rundfunkanstalten. In Zeiten wie diesen ist das für Kulturschaffende eine ausgesprochen privilegierte Situation, nicht nur innerhalb Deutschlands, auch
international betrachtet. Zwar sind verschiedene Orchester in Kurzarbeit, trotzdem wird es vermutlich keine Entlassungen geben, auch wenn die durch Corona bedingte Situation noch länger andauern
sollte. In anderen Ländern sieht es da ganz anders aus. Da wurden Verträge aufgelöst, unmittelbar nachdem der Spielbetrieb eingestellt worden war. Das passierte nicht nur in armen Ländern, auch
den Musikern der weltberühmten Metropolitan Opera in New York erging es so. Als Orchestermusiker kann man also sehr froh sein, in Deutschland beschäftigt zu sein. Auch aus diesem Grund sind
Stellen in unserem Land so begehrt.
Die deutsche Orchesterlandschaft ist weltweit einzigartig und wurde deshalb 2016 auf die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes gesetzt. Nirgends sonst auf der Welt gibt es so viele Orchester auf so engem Raum. Sie sind
aber nicht nur da, ihr Angebot wird auch wahrgenommen. Wir deutschen Orchester haben ein sehr interessiertes und treues Publikum. 14000 Abonnenten sind es bei den Münchner Philharmonikern.
Eine öffentliche Finanzierung ist also durchaus zu rechtfertigen und gerade zeigt sich, dass sie etwas schützt, das es in
dieser Art eben nur in Deutschland gibt. Wesentlich ist, dass eine Gesellschaft dies mitträgt und mittragen will, auch in Zeiten wie diesen, wo Konzertsäle und Theater nicht, oder nur für sehr
wenig Publikum bespielt werden können. Die politischen Entscheidungsträger sind es, die die Finanzierung der Orchester verantworten müssen. Corona wird zwangsläufig finanzielle Engpässe in den
öffentlichen Haushalten mit sich bringen. Intensive Diskussionen um die Verteilung werden nicht ausbleiben. Ich habe dies in meinen 27 Jahren bei den Philharmonikern schon mehrfach erlebt. Nicht
immer war das für unser Orchester bequem. Angst macht mir das nicht, denn ich habe großes Vertrauen in unser politisches, gesellschaftliches und soziales System - und in deren Vertreter. Ein
System übrigens, das zulässt, das man auf die Straße geht, um gegen es selbst zu demonstrieren. Das ist gut und wichtig. Es gibt nicht viele Länder, in denen das so problemlos und ohne
persönliche Konsequenzen möglich ist wie bei uns. Hier davon zu sprechen, dass man grundsätzlich in seinen Freiheitsrechten eingeschränkt werde, kann ich nicht nachvollziehen. Mit dem Orchester
kommt man viel rum. Gerade weil ich viele Länder dieser Welt kennengelernt habe, bin ich sehr dankbar, in Deutschland zu leben und dort meinen Beruf ausüben zu dürfen.
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