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Frauenquote

Seit Mitte November haben wir Christina Hambach als neue Kollegin in der Horngruppe, die jetzt aus drei Frauen und vier Männern besteht - eine Stelle ist unbesetzt. Der Anteil an Kolleginnen entspricht somit etwa 43 %. Die Quote in der Gruppe liegt damit etwas über der des gesamten Orchesters, die etwa 35 % beträgt. Prinzipiell bin ich der Ansicht, dass es Ziel sein sollte, dass das Thema Frauenanteil/Geschlechtergerechtigkeit nicht mehr der Erwähnung wert ist. Da aber Gleichstellung nach wie vor, und zurecht, diskutiert wird, kommt man nicht umhin, einen Blick darauf zu werfen. Beobachten kann man, dass die Entwicklung in eine richtige Richtung geht, schließlich gab es 1993, als ich ins Orchester kam, weniger als 10 Musikerinnen in unseren philharmonischen Reihen. Bei den Bläsern sogar nur eine einzige, die Oboistin Susi, eine ausgesprochen liebenswerte Kollegin. Auch wenn es immer noch Männerdomänen gibt, z.B. Schlagzeug und das schwere Blech, hat sich also doch eine ganze Menge verändert. Das ist auch gut so. Schon immer fand ich es unerträglich, wenn hinter vorgehaltener Hand geäußert wurde, dass man lieber einen Mann verpflichten solle, weil Frauen ja Kinder bekommen und dann für einige Zeit ‚weg‘ seien, oder dass es mit Frauen komplizierter werden könne. Ich habe solche antiquierten Vorurteile mehrmals hören müssen - auch noch vor gar nicht so langer Zeit. 

Ja, auch ich musste etwas mehr arbeiten, als meine Kollegin erfreulicherweise Mutter wurde. Die Mehrarbeit beschränkte sich auf den Zeitraum des Mutterschutzes, also auf 14 Wochen. Diesen begrenzten Zeitraum als Grund aufzuführen, keine Frauen zu engagieren, oder sogar als Problem zu bezeichnen, erscheint mir ebenso ignorant, wie die These, dass es mein Persönlichkeitsrecht einschränkt, wenn ich zum Schutz anderer Menschen einen Mundschutz tragen muss. 

Nach dem Mutterschutz nutzte meine Kollegin die Elternzeit. Ihre Stelle wurde in diesem Zeitraum mit einem Zeitvertrag besetzt. Beim zweiten Kind erhielt diesen Vertrag eine ganz hervorragende Hornistin und überaus angenehme Kollegin. Sie ahnen vielleicht schon wer? Ja, es war Christina Hambach. (Um einem möglichen Vorurteil vorzubeugen. Wir haben sie für ihre jetzige Stelle nicht nur deswegen engagiert, weil wir sie kennen und schätzen, ihr Probespiel war schlicht und ergreifend beeindruckend.)

Mit dem noch nie da gewesenen Frauenanteil von nun 43 % hat sich die Horngruppe verändert, das lässt sich nicht bestreiten. Die Gruppe hat sich aber auch immer dann verändert, wenn neue (männliche) Kollegen engagiert wurden. Alles andere wäre auch höchst bedenklich, schließlich wollen wir nicht nur gute Musiker*innen, sondern auch starke Persönlichkeiten in unseren Reihen sehen. Ich hoffe also, dass das Thema Geschlechtergerechtigkeit (und dabei beziehe ich mich nicht nur auf weiblich/männlich) in naher Zukunft kein Grund mehr für eine Kolumne sein wird, sondern ganz selbstverständlich und keiner Erwähnung mehr wert. 

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