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Die Bahn

Jeder, wirklich jeder hat eine Geschichte über die Deutsche Bahn zu erzählen, über Verspätungen, Zugausfälle, fehlende Informationen, falsche Wagenreihungen, und, und, und ...

Mit dem Öko-Team meines Orchesters versuchen wir gerade, Flüge auf ein unverzichtbares Minimum zu reduzieren. Innerhalb Deutschlands sowieso, aber auch im näheren europäischen Ausland, z.B. wenn wir in Paris oder Amsterdam spielen. 

Verzichtet ein Orchester mit bis zu 100 Reisenden auf das Fliegen, wird der CO2-Ausstoß erheblich reduziert, daher muss der Zug eigentlich immer die erste Wahl sein. 

Eigentlich. In der Praxis ist das aber nicht so einfach umzusetzen. Nicht etwa, weil die Dauer der Zugfahrten prinzipiell zu lange wäre. Nein. Man kann es nicht riskieren, weil die Deutsche Bahn so unzuverlässig ist. Wenn man mit 100 Leuten reist, braucht man ganz selbstverständlich Sitzplatzreservierungen. Fällt ein Zug aus oder verpasst man wegen einer Verspätung den Anschlusszug, wird das in einer großen Gruppe zu einem fast unlösbaren Problem. Mit etwa 100 Leuten einfach den Zug zu wechseln, führt schlicht und ergreifend zu einem Chaos. Das Risiko wegen der Bahn nicht rechtzeitig vor Ort zu sein, ist bei größeren Strecken einfach zu hoch, als dass man die Bahn ohne Bedenken nutzen könnte. 

Das ist nicht nur unangenehm, sondern in Anbetracht des Weltklimas höchst problematisch, zumal in angrenzenden Ländern wie Frankreich oder der Schweiz der Zugverkehr reibungslos und sehr zuverlässig funktioniert. Nun sind die Probleme bei der DB nicht neu. Ganz im Gegenteil. Es gibt sie seit Jahrzehnten. Warum also ändert sich nichts? Warum fragt man nicht bei den Nachbarn nach, wie es besser geht? Warum fliegen die Verantwortlichen nicht nach Japan und erkundigen sich, wie ein perfektes ÖPNV-System organisiert werden kann? Diese wenigen Flüge könnten quasi alle Inlandsflüge überflüssig machen. 

Vor kurzem bin ich am Folgetag eines Konzertes in Paris über Frankfurt nach Hannover gefahren. Die ersten 500 km waren in weniger als zwei Stunden zurückgelegt. Dann kam die deutsche Grenze und der TGV fuhr im Stopp-and-Go weiter. Angeblich war eine Baustelle der Grund, warum rund um Frankfurt ein absolutes Verspätungschaos herrschte. Verständlich. Eine Baustelle ist nicht planbar. Die taucht einfach so auf. Unvorhersehbar. 

Polemik ist leider alles was einem bleibt. Lustig ist es aber eigentlich nicht, weil wir jeden Hebel für den Klimaschutz brauchen. 

Irgendwann in absehbarer Zeit werde ich wieder in Japan sein und staunen, wie zuverlässig, benutzerfreundlich, effektiv, pünktlich, schnell und einfach man in diesem Land von A nach B kommt (B kann übrigens mitten in den japanischen Bergen liegen). Innerhalb Japans fahren wir Philharmoniker deswegen auch große Strecken mit dem Zug. Noch nie sind wir auch nur eine Minute zu spät angekommen.

Wirklich! Noch nie! 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Werner Meier (Dienstag, 05 Juli 2022 11:29)

    Danke für die Kolumne, lieber Uli!
    Ja, es ist so schade, dass die Bahn kaputt gespart wurde. Bahnhöfe und Strecken wurden still gelegt. Die Planungszeiten sind gigantisch. Für den Bau der Schnellbahntrasse München- Berlin hat man 16 Jahre gebraucht!!! Wie soll denn da was weitergehen!? Soviel Zeit haben wir nicht mehr. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes: Höchste Eisenbahn!!!