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Einfachheit

Neulich hat mir ein sehr engagierter Laientrompeter aus einem Nachbardorf ein Video geschickt, das ihn zeigt, wie er eine Solonummer spielt. Prinzipiell war er recht zufrieden, allerdings wollten ihm einzelne hohen Töne nicht so gelingen, wie er es sich gewünscht hätte. Von mir wollte er nun wissen, was er denn tun müsse, damit diese hohen Töne zuverlässig kämen, denn normalerweise sei er durchaus in der Lage, diese zu spielen. 

Nun gibt es natürlich viele methodische Faktoren, die eine Rolle spielen können, sei es Luftführung oder Ansatz. Auch Material kann natürlich ein wichtiger Faktor sein - neben dem Instrument finde ich persönlich Mundstücke ziemlich wesentlich. Da ich festgestellt habe, dass sich die meisten Laien mit den oben genannten Themen ebenso intensiv beschäftigen wie wir Profis, werde ich darüber nicht schreiben, denn interessanter finde ich, was in unseren Köpfen vorgeht. Besonders dann, wenn wir etwas besonders gut machen wollen - so wie der obengenannte Trompeter.
Wollen wir etwas gut machen, bewegen wir uns sehr schnell vom Musizieren, also dem Füllen der Musik mit Leben und Energie, weg. Fast immer verfallen wir in den problematischen „Alles-richtig-machen-wollen“-Modus. Wenn also hohe Töne nicht gelingen, liegt es eher daran, dass wir sie unbedingt gut spielen wollen. Wir strengen uns ganz besonders an, anstatt das Gelernte ganz selbstverständlich anzuwenden und einfach zu spielen 

Tja, einfach spielen ... Wenn das so einfach wäre ... 
Ich bin der Ansicht, wir sollten uns viel öfter mit den Denkmustern beschäftigen als mit der Methodik. 

Neulich wurde ich von einem guten Freund auf ein Video von einem ehemaligen Solotrompeter der New Yorker Philharmoniker aufmerksam gemacht. Phil Smith, so heißt dieser großartige Trompeter, hat sich aus einer schweren bläserischen Krise herausgearbeitet. Wie ihm das gelungen ist? Er hat angefangen, wieder ganz normal in seine Trompete rein zu blasen, anstatt sich anzustrengen. Dieses „Einfach-Reinblasen“ wieder zu lernen war ein Prozess, der laut seinem Video (siehe Link) Zeit brauchte. Trotzdem es nicht von heute auf morgen gelang, konnte er mit dem Erlernen der Einfachheit sein Problem lösen. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich nur bestätigen, dass wir die Einfachheit beim Musizieren nie vergessen sollten. Ein wesentlicher Punkt dafür ist, nicht zu werten, nicht in gut und schlecht einzuteilen. Wenn wir diese Einteilung in unserem Denken beiseitelegen, entsteht eine außergewöhnliche Freiheit, die Potentiale zum Vorschein bringt, die sonst verhindert werden.

 

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