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Heimspiel

Vergleicht man Musik mit Fußball so gibt es einen bemerkenswerten Unterschied. Während im Fußball ein Heimspiel wegen der Unterstützung der vielen Fans als Vorteil betrachtet wird, gibt es in der Musik das weit verbreitete Denkmuster, dass ein Konzert vor heimischem Publikum eher unangenehm sei. Ich muss gestehen, dass ich diesem Denkmuster auch über viele Jahre gefolgt bin. Wenn ich in meiner Heimatgegend aufgetreten bin, dachte ich immer, dass ich mein Können ganz besonders unter Beweis stellen muss, da mich ja viele Leute kennen und deren Erwartungshaltung besonders hoch sei. 

Mittlerweile habe ich meine Denkweise diesbezüglich völlig verändert. Es geht mir nicht mehr darum, zu zeigen, was ich kann, vielmehr will ich mein Können anwenden, um den Menschen durch mein Spiel etwas zu geben. Ich will die entstehende Energie mit ihnen teilen, auch - und vielleicht sogar ganz besonders - mit denjenigen, die mich persönlich kennen. Mein Können ist hier nur ein Mittel zum Zweck, auf das ich vertraue. Die Erwartungshaltung des Publikums spielt keine Rolle, denn die meisten erwarten erst mal gar nichts, sondern freuen sich über die Musik. Und sollte ich die Erwartungshaltung von den wenigen, die eine solche haben, nicht erfüllen können, dann haben sie eben zu viel von mir erwartet. 

Generell ist das ‚Teilenwollen‘ ein ganz wesentlicher Aspekt des Musizierens und viel konstruktiver als das ‚Zeigenwollen‘. Denn Freude beim Musizieren überträgt sich immer, egal wie hoch die Fähigkeiten auf dem Instrument sind. Wenn man sein Bestes gibt, wird das Publikum eigentlich immer eine Form der Dankbarkeit empfinden, eben weil man gegeben hat. Natürlich wird das Geben von 80 Philharmonikern auf einer Bühne in einer höheren Qualitätsstufe stattfinden und ganz sicher Facetten aufzeigen können, die im Laienbereich nicht möglich sind. Das bedeutet aber nicht, dass Musik nur in dieser Qualität ihre Berechtigung hat. Jegliche Form von positiver Energie wird ihre Wirkung zeigen und ist wichtig für uns. Der Reichtum an unterschiedlichen Formen und Arten von Musik ist hierfür ein schier unerschöpflicher Schatz.

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Kommentare: 1
  • #1

    Werner Meier (Montag, 18 Dezember 2023 18:30)

    ja, lieber Uli, auf das Geben und Teilen kommt es an. Nicht auf das Beweisen, mia stehn ja nicht vor Gericht
    herzlich
    Der
    Werner