Im Mai war ich mit dem Schweizer Alphornquartett HORNROH, das ich bereits in der Mai-Ausgabe der BiB erwähnt hatte, auf Konzertreise in Japan. Wie immer habe ich die Zeit in diesem großartigen Land sehr genossen. Besonders schätze ich die Höflichkeit, die als Fundament des Zusammenlebens in diesem dicht besiedelten Inselstaat gilt. Zahlreiche kleine Gesten machen den Alltag unkompliziert und angenehm. Sei es, dass man in der U-Bahn den Rucksack vor der Brust trägt, um niemanden zu behindern, oder dass man sich auf vollen Rolltreppen wie selbstverständlich am Ende der sich spontan bildenden Warteschlange einreiht.
Diese vielen kleinen Regeln empfinde ich keineswegs als einschränkenden Zwang – im Gegenteil: Sie zeugen von einem gesellschaftlichen Selbstverständnis, in dem das Wohlergehen der Mitmenschen ebenso hoch geschätzt wird wie das eigene.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch hervorheben, dass Dienstleister stets bemüht sind, den Kundenservice weiter zu verbessern – und das gelingt ihnen auch. In den vielen Jahrzehnten, in denen ich Japan regelmäßig besucht habe, war diese Entwicklung deutlich spürbar. Besonders beeindruckt bin ich vom öffentlichen Nahverkehr, der durch seine Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit überzeugt. Ein großer Unterschied im Umgang mit den Fahrgästen ist, dass man selbst als Tourist keine Sorge haben muss, bei einem Fehler bestraft zu werden. Löse ich ein Ticket zum falschen Tarif oder entscheide mich spontan, weiterzufahren als geplant, droht keine Strafe – beim Verlassen der Station kann ich ganz unkompliziert am Automaten den Differenzbetrag nachzahlen.
Ich finde dieses Prinzip großartig. Es schafft Bedingungen, die eine entspannte und stressfreie Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zur Selbstverständlichkeit werden lassen. Aus dieser Erfahrung heraus möchte ich in den Raum stellen: Es ist immer besser, Bedingungen zu verbessern, als Strafen zu verschärfen.
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