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Dankbarkeit

Gelegentlich, und erfreulicherweise gar nicht so selten, sitze ich auf der Bühne und freue mich einfach aus ganzem Herzen, dass ich mit so tollen Musikerinnen und Musikern spielen darf - genau genommen sogar muss. Ist das nicht ein wundervolles Privileg?
Natürlich habe ich dafür auch viel investiert und musste es mir erarbeiten. Allerdings gibt es auch andere Menschen, die viel investieren, die vielleicht sogar noch viel fleißiger sind als ich, denen dieses Privileg aus verschiedensten Gründen aber nicht zuteil wird. Es gehört ja auch immer eine große Portion Glück dazu. Beispielsweise, dass genau zum richtigen Zeitpunkt die passende Stelle frei ist, man genau dann auch noch einen guten Tag hat, und zu guter Letzt für diese Stelle ausgewählt wird. 

Ich denke, dass es gut ist, sich Privilegien, die man im Leben erhält, immer wieder vor Augen zu führen und dankbar dafür zu sein. Dankbarkeit schafft Zufriedenheit und beides ist gut für die eigene Resilienz. Einer, der seine Dankbarkeit immer wieder mit mir teilt, ist mein ehemaliger Kollege Hartmut. Im März wird er nun 80 Jahre alt. Hartmut ist sozusagen ‚schuld‘, dass ich bei den Philharmonikern landen konnte, denn als er 1992 von der Stellvertreterposition auf eine tiefe Hornstelle wechselte, wurde diejenige Stelle frei, die ich nun seit über 30 Jahren ausfüllen darf. Wenn ich mit Hartmut spreche, höre ich einen Menschen, der voller Dankbarkeit auf sein Leben, und auch auf seine Zeit als Musiker zurückblickt.

Im Gegensatz zu Hartmut kenne ich auch ehemalige Kollegen, die während ihrer Zeit im Orchester nur selten zufrieden waren und sich häufig beschwerten. Gar nicht so selten hatte es für mich den Anschein, dass sie erst in ihrem Ruhestand erkannten, dass ihr Beruf eigentlich ganz schön war und die Bedingungen viel besser als damals wahrgenommen. Schade eigentlich, denn die schöne Lebenszeit im Orchester haben sie mit negativem Getue und Missmut vergeudet, anstatt das Gute zu sehen und das weniger Gute durch konstruktive Zusammenarbeit zu verbessern.

Es schadet bestimmt nicht, auch in anderen Lebensbereichen die eigenen Privilegien wertzuschätzen. In einer Gesellschaft wie unserer gibt es da ziemlich viele. Dankbar sein, für das was man hat, und dort für positive Veränderung sorgen, wo man Defizite sieht – am besten mit Zielstrebigkeit, vor allem aber mit Gelassenheit. 

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Jochen Löflath (Freitag, 09 Februar 2024 17:41)

    Da spricht mir jemand aus dem Herzen! Man sollte sich jeden Tag überlegen für was alles man Grund hat dankbar zu sein. Und man wird etwas finden...

  • #2

    Ursl (Freitag, 09 Februar 2024 19:06)

    Lieber Uli,
    Ganz lieben Dank für deine so wunderbaren Worte. Zu mir sagte mal eine alte weise Frau. Mehr als 2 Tabletten für jeden Tag brauche ich nicht. Am Morgen eine Tablette „Zufriedenheit“ und am Abend eine Tablette „ Dankbarkeit“
    Liebe Grüße
    Ursl